Unsere Sprechzeiten:

„Kita mit Biss“ & Corona - Evaluation des Präventionsprogrammes

Zum Hintergrund der Befragung

Dem Grundgedanken „Health in all Policies“ folgend wirken die Kitas im Sinne der gesundheitlichen Chancengleichheit sozialkompensatorisch, denn nicht alle Kinder werden zu Hause an die tägliche Zahn- und Mundpflege herangeführt. Insbesondere für ihre gesundheitliche Entwicklung ist diese niedrigschwellige Präventionsmaßnahme bedeutsam.

Im Frühjahr 2022 wollten wir Erkenntnisse darüber gewinnen, ob und wie das Thema Mundgesundheit im Alltag der „Kitas mit Biss“ im Land Brandenburg unter den Bedingungen der Corona-Pandemie verankert ist. Das Büro der zahnärztlichen Gruppenprophylaxe entwickelte dazu gemeinsam mit dem Beirat für Zahngesundheit einen Online-Fragebogen mit 30 Fragen. Neben Angaben zur Kita waren allgemeine Fragen zur Umsetzung der Gruppenprophylaxe in der Kita und zum Präventionsprogramm „Kita mit Biss“ sowie spezielle Fragestellungen zu den erwarteten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gesundheit der Kinder enthalten.

Zusammen mit dem Anschreiben „Gemeinsam für gesunde Kinderzähne - auf uns können Sie zählen!“ wurde der Link an 555 „Kitas mit Biss“ in den 16 Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen das Präventionsprogramm zu diesem Zeitpunkt umgesetzt wurde, geschickt. Die Zahnärztlichen Dienste haben per E-Mail die Information, dass die Befragung durchgeführt wird, mit dem Fragebogen bekommen und wurden um Begleitung gebeten.

Befragungsergebnisse

Im Zeitraum 31.03. bis 25.05.2022 nahmen 211 Kitas an der Befragung teil. Das sind 38%. Aufgrund unvollständiger Datensätze konnten davon 171 Fragebögen in die Auswertung einbezogen werden. Das sind 31%. Aus jedem Landkreis/ jeder kreisfreien Stadt, die das Präventionsprogramm umsetzen, ging mindestens ein Fragebogen ein. Schaut man auf den prozentualen Anteil von teilnehmenden Kitas an der Evaluierung im Verhältnis zur Gesamtzahl der zertifizierten Kitas in den Landkreisen und kreisfreien Städte, so konnten Teilnehmerquoten zwischen 12% und 100% verzeichnet werden. Den Teams der Zahnärztlichen Dienste wurden die landesweiten Befragungsergebnisse kumuliert und aufgeschlüsselt für den jeweiligen Landkreis/ die kreisfreie Stadt als Arbeitsgrundlage zur Verfügung gestellt.


In 85% der „Kitas mit Biss“ ist das Thema Mund- und Zahnpflege in der Kita-Konzeption verankert.


116 Kitas (67,8%) wünschen sich Unterstützung des ZÄD bei Veranstaltungen für Eltern, 41 Kitas (24,0%) ein Fortbildungsangebot für pädagogische Fachkräfte und 88 Kitas (51,4%) benötigen mehr Informationsmaterial zum Thema „Zahn- und Mundgesundheit“.


Erfreulich ist, dass in 137 Kitas (80,1%) das tägliche Zähneputzen mit fluoridhaltiger Kinderzahnpasta durch die Kita-Erzieher*innen unterstützt und begleitet wird. 41% der Kitas gaben an, dass die Erzieher*innen mit den Kindern gemeinsam die Zähne putzen.


In 61% der Kitas erfolgt das Zähneputzen nach dem Mittagessen, wie es auch in den Handlungsleitlinien vorgesehen ist, in weiteren 17% der Kitas putzen die Kinder nach dem Frühstück oder nach dem Mittagessen ihre Zähne und in 5% der „Kitas mit Biss“ findet das Zähneputzen nach dem Frühstück statt.


142 (83,0%) der Kitas geben an, dass bei ihnen auf Nuckelflaschen und Trinklerngefäße verzichtet wird, sobald die Kinder aus der Tasse trinken können.


143 Kitas (83,6%) fördern das Abstellen von Lutschgewohnheiten spätestens zum 3. Geburtstag und einige nutzten die Gelegenheit, ihre Beispiele guter Praxis zu teilen. Hier Auszüge aus den Antworten:

  • Nach der Eingewöhnungsphase wird der Nuckel am Tag nicht gegeben. Ab dem 2. Lebensjahr versuchen wir in Absprache mit den Eltern, die Kinder auch zum Mittagsschlaf vom Nuckel zu entwöhnen.
  • mit verschiedenen Sprachanlässen und Anregungen (Mundübungen, Verse sprechen, Fingerspiele...)
  • Bereits im Aufnahmegespräch wird den Eltern die große Bedeutung der Zahn- und Mundgesundheit für eine ausgewogene Entwicklung des Kindes dargelegt.
  • Die Gruppenerzieherin (ab Krippe) bespricht im persönlichen Elterngespräch, wie zum Beispiel der zeitliche Rahmen für das Abgewöhnen gesetzt werden kann.
  • Wir haben eine Nuckelbaum.
  • Nuckel kommt nach Ankunft in der Kita in die Schlafbox
  • Den Tag der Zahngesundheit besonders gestalten (Krocky besucht die Kinder, Verwendung von Büchern und japanischem Tischkino (" Lisa ohne Zahn"), an diesem Tag steht das Essen unter einem Thema: z.B. „unser einheimisches Gemüse“.
  • Eigentlich haben wir keine besonderen Maßnahmen. Es schleicht sich mit der Zeit einfach aus. Bei uns haben die meisten Kinder nach dem 2. Geburtstag keinen Nuckel mehr. Die Flasche tauschen wir aus, sobald die Kinder die Gläser ohne Hilfe nehmen können und wir sehen, dass sie trotzdem ausreichend trinken.
  • Wenn das Kleinkind entspannt spielt und sichtlich keinen Nuckel benötigt, wird dieser außerhalb der Sichtweise aufbewahrt. Somit erkunden viele Kleinkinder schon den gesamten Vormittag ihre Welt ohne Nuckel etc.! Dies wird schrittweise über den Mittagschlaf erweitert. Am Nachmittag wird dann in der Regel auch kein Nuckel mehr benötigt. Irgendwann sind die Kinder also innerhalb ihrer Kita-Zeit nuckelfrei. Auch beim Trinken passiert dies schrittweise nach entsprechender Beobachtung.

137 Kitas (80,1%) gaben an, kauintensive Obst- und Gemüsezwischenmahlzeiten anzubieten und in 146 (85,4%) werden ausschließlich zuckerfreie Getränke oder Saftschorlen angeboten.


25% der Kitas haben die Handlungsleitlinien des Präventionsprogrammes während der Corona-Pandemie uneingeschränkt umgesetzt und 36% der Kitas gaben an, während der Corona-Pandemie zeitweise/teilweise keine Zähne geputzt zu haben.


Auf die offene Frage „Welche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Zahn- und Mundgesundheit der Kinder sehen Sie?“ wurde wie folgt geantwortet:

  • längere Nuckelnutzung
  • Kinder essen häufiger ungesund
  • Zahnarzt wurde nicht aufgesucht
  • fehlende Kontrolle durch den ZÄD
  • Zahnputztechnik nicht (mehr) bekannt
  • Selbstverständlichkeit des Rituals „Zähneputzen“ fehlt
  • schlechtere Mundhygiene

Gefragt wurde ebenfalls, welche Hinweise die Kitas für die zukünftige gesundheitsförderliche Arbeit der „Kitas mit Biss“ haben. Folgende Hinweise wurden an die Zahnärztlichen Dienste adressiert:

  • Eine jährliche Begleitung zur Einführung der Zahnputztechnik durch das Fachpersonal des Gesundheitsamtes hat sich bei uns positiv bewährt. (Zum Kita-Jahresanfang kam das Gesundheitsamt und führte die "neuen" Kinder an das richtige Zähneputzen heran. Es ist immer schön, wenn eine externe Person den Kindern/Erziehern neue Anregungen geben.
  • Informationsveranstaltungen im Rahmen von Elternversammlungen sind wünschenswert.
  • Die Zusammenarbeit mit dem Zahnärztlichen Dienst hat sehr große Bedeutung und das Angebot zur Prophylaxe. Die Eltern müssen gut informiert werden und es müssen Hinweise geben werden, wenn Hilfe notwendig sein sollte."
  • Wir begrüßen die regelmäßigen Besuche des Zahnärztlichen Dienstes in unserer Kita und würden uns über Unterstützung bei der Umsetzung des Themas "zahn"gesundes Frühstück in unserer Kita wünschen.
  • Besuche beim Gesundheitsamt/ Zahnärztlichen Dienst ermöglichen
  • In „Kitas mit Biss“ sollte einmal jährlich vom Zahnärztlichen Dienst eine Elternveranstaltung durchgeführt werden, weil Aussagen von "Profis" bei Eltern mehr Gewicht haben.
  • Zahnputzübungen für die Eltern

Folgende Hinweise wurden allgemein gegeben:

  • Familie weiter zu stärken, ihre Kinder gesund zu ernähren und den Zuckerkonsum zu beschränken.
  • Das Begleiten der Kinder beim Zähneputzen mit Singen und kleinen Sprüchen unterstützt die Kinder sehr in ihrer Routine bei der Zahnpflege.
  • Mehr Aufklärungsarbeit bei den Eltern in Bezug auf Flaschen, Nuckel und zuckerhaltiges Essen/Getränke
  • Die Kinder wachsen von Anfang an mit ungesüßten Getränken, Obst- und Gemüsepausen und einer regelmäßigen Mundhygiene in der Kita auf.
  • Es werden keine Ausreden gesucht, um nicht zu putzen. Wir bemühen uns, unseren Möglichkeiten entsprechend, eine Verlässlichkeit und Beständigkeit für die Kinder zu gewährleisten.
  • Mir hilft die Auszeichnung schon sehr, wenn ich mit Kollegen/Eltern/Sonstigen über Ernährung spreche. Viele unterschätzen die dauerhafte Gabe von stark zuckerhaltigen Lebensmitteln noch immer. Oft wird es entschuldigt, weil ja Zähne geputzt werden. Aber man erzieht eben auch Angewohnheiten.
  • Dass der Kitaaltag auch ohne süße Getränke und Süßspeisen super laufen kann.

Fazit

Die repräsentativen Befragungsergebnisse zeigen, dass die Handlungsleitlinien des Präventionsprogrammes „Kita mit Biss“ auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie überwiegend umsetzbar waren. Die Beispiele guter Praxis verdeutlichen, wie selbstverständlich die Erzieher*innen die Handlungsleitlinien und die gruppenprophylaktische Betreuung als Teil des Bildungsauftrages zur Gesundheitserziehung ansehen. Der Bereich der Zahn- und Mundgesundheit ist ein Querschnittsthema und bietet viele (gesundheits-) pädagogische Ansätze. So lassen sich Sprache, Kommunikation, Handmotorik, Hand-Auge-Koordination, Ernährungs- und Hygieneverhalten thematisch gut verbinden. Die Befragungsergebnisse belegen, dass die „Kitas mit Biss“ hier mit gutem und wichtigem Beispiel vorangehen und Leuchtturm-Charakter haben. Dass dafür die Zusammenarbeit mit den Teams der Zahnärztlichen Dienste wichtig ist, wurde vielfach zum Ausdruck gebracht. Die Kontinuität dieser Betreuung stellt einen Erfolgsfaktor dar. Die regelmäßigen Impulse der Zahnärztlichen Dienste haben dazu beigetragen, dass die Zahn- und Mundgesundheit in den meisten „Kitas mit Biss“ auch unter Pandemiebedingungen ihren Stellenwert behalten hat.

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